Bin ich gut genug? Die Power der verletzten Heiler

Bin ich gut genug? Die Power der verletzten Heiler

Oft sind die Orte, an denen wir uns unperfekt fühlen, genau die Orte, an denen wir am meisten zu sagen haben.

Die Menschen, mit denen ich arbeite, kommen aus ganz verschiedenen Branchen. Manche arbeiten mit Kunst, einige sind Therapeuten, manche arbeiten mit Trauma, manche mit Yoga oder Körperarbeit. Aber fast alle berichten davon, wie wichtig es für sie ist, die Power in ihren eigenen Wegen und Umwegen zu erkennen. Denn solange wir unsere eigene Reise bewerten, solange wir in Scham mit unserer Erfahrung sind, solange können wir unser Leadership-Thema nicht verstehen.

Ich bin eine verletzte Heilerin.
Auf der Suche nach meiner ganz eigenen Stimme bin ich so viel innerem Nebel begegnet, dass ich mir gewünscht habe, Aliens mögen mich entführen oder ein Unfall möge mich in die nächste Inkarnation befördern. All die tollen Coachings halfen nicht, Gurus, Erleuchtung, Ekstase, Tanzen, eine schicke Homepage halfen auch nicht. Es war eine schmerzliche Zeit, ich konnte nicht wirklich verstehen, was geschah. Und am Anfang war ich in Scham und Performance völlig gefangen. Und konnte meinen roten Faden dadurch nicht sehen. Es ist das Thema, dem ich mich stellen musste, um hierzubleiben. Heute ist es mein bestes Know-How. Mit innerem Nebel, warum er einsetzt und wie wir da rauskommen - da kenn ich mich richtig gut aus. 

Hier sind einige Beispiele von bekannten «verletzten Heilern».
Deren Erfahrung mit Einschränkungen und Verlust
letztendlich ihre Superpower wurde.

​Eine taube Frau bringt der Welt bei, wirklich zu hören.
Evelyn Glennie, eine der zeitgenössischen Künstlerinnen, die mich am meisten inspiriert, ist eine schottische Perkussionistin und Komponistin. Mit 12 Jahren begann sie Pauke zu spielen... um kurz danach durch eine Nervenkrankheit ihr Gehör mehr und mehr zu verlieren. Als sie realisierte, dass sie Musik und Rhythmus als Schwingung in ihrem Körper wahrnimmt, beschloss sie, trotzdem weiterzumachen und Musik zu ihrem Beruf zu machen. Sie hat sie die Aufnahme an der Royal Academy of Music gegen alle Widerstände erkämpft und damit den Weg für eine Vielzahl von Menschen freigemacht, die bis anhin nicht wegen mangelnder Begabung, sondern wegen «anders sein» von der Akademie abgelehnt wurden. Heute reist sie um die ganze Welt für Konzerte (sie spielte für die Eröffnung der Olympiade 2012). Sie gewann 2 Grammys, mehrere Ehrendoktorwürden und wurde sogar in den Adelsstand erhoben. Nebenbei hat sie eine Fotoagentur, ein Schmucklabel und ist motivational Speaker.  Ihre Business Botschaft: Teach the world to listen. Bring der Welt bei, zu hören. Warum ihre Arbeit so kraftvoll ist: Hören ist nicht selbstverständlich. Und Hören ist so viel mehr als uns vom Radio beschallen zu lassen. Hören kann ein Abenteuer sein, dass alles von dir, mit Haut und Haar auf die Reise nimmt. Es gibt einen wunderbaren Dokufilm über ihren Weg und die Herausforderungen, denen sie sich stellen musste: touch of sound. https://www.youtube.com/watch?v=Edkx6ovQ9YM

 
Neue Perspektiven in der Kunst.
Claude Monet malte seine berühmtesten Seerosen-Bilder als er an grauem Star erkrankt war. Er konnte zu der Zeit die Farben nicht mehr unterscheiden – er wusste einfach, dass die Farbtube Nummer 17 Ultramarin war.  Daraus ergaben sich Bilder, die weniger gegenständlich waren, sie wurden abstrakter und energetischer. Farbe in dicken Klecksen konnten den Zauber eines Seerosenteichs anders und neu einfangen als präzise, feine Pinselstriche. Monet zeigte uns eine neue Art zu sehen – und zu malen. 

Nur noch das Essentielle ausdrücken können. 
Henry Matisse machte seine weltbekannten Scherenschnittbilder, weil er nicht mehr in der Lage war, einen Pinsel zu halten und die meiste Zeit im Bett lag. Er sagte von dieser Erfahrung, dass sie ihn zwang, das Wesentliche in seiner Arbeit zu verstehen.   

Gabor Mate, einer der gegenwärtig bekanntesten Experten zum Thema Trauma, spricht immer wieder davon, wie wichtig seine eigene Suchterfahrung war, um die Reise seiner Patienten verstehen zu können. Erst das machte es möglich, seine Patienten nicht mehr fixen oder retten zu wollen, sondern mit ihnen an emotional überfordernden Orten anwesend bleiben zu können. Und genau das ist das Kernelement seiner heutigen Arbeit. 

Die Freiheit, sagen zu können, was ich erlebe.
Sargy Mann (1937- 2015), war ein britischer Landschafts- und Portraitmaler. Bereits mit 36 Jahren fing er an, seine Sehkraft zu verlieren. Er sagt über seine Erfahrung als nahezu blinder Maler: «Das Paradoxe war, dass ich nun, da ich keine körperliche Wahrnehmung von Licht oder Farbe mehr hatte, völlig frei war, intuitiv mit Farben umzugehen, um auszudrücken, was ich erlebte. Hier ist übrigens ein wundervoller Dokufilm über Sargy, von seinem Sohn gefilmt: https://www.youtube.com/watch?v=8x6c2W_nGNA

So viel Innovation geschieht also als Reaktion auf Einschränkung und Verlust.
Neue Perspektiven kommen in unsere Welt, weil es Menschen gibt, die ihre authentischen Erfahrungen teilen können, ohne sich den gesellschaftlichen Erwartungen und Normen unterzuordnen.
 
 
In meinen Sessions beobachte ich immer wieder, dass nach einem Moment von Klarheit und Ausdehnung meist erst mal ein Tsunami von «wenn und ach und aber…» nach oben kommt: Bin ich gut genug dafür? Habe ich ein Diplom dafür? Ist mein Lebensweg nicht zu verrückt? Bin ich mit meinen Umwegen und kreativen Wunden überhaupt geeignet, anderen etwas über das Thema zu sagen?
 
Ich bin absolut dafür, dass du dein Handwerkszeug gelernt hast, dass du Erfahrung mit deinen Methoden hast und dass du deine professionellen Grenzen kennst. Und dass du als Neurochirurgin mehrere Diplome hast. Denn wie heisst der Satz, das wir von Chirurgen nicht hören wollen?.«Ups…»
 
Aber als Pionierin, Visionärin, als Brückenbauerin wird es Bereiche geben, für die du gar keine Ausbildung haben kannst, weil es eben genau dein Pfad ist, den du anlegst. Es ist deine ganz besondere Ecke des Universums, die du in jeder Länge und Breite erforscht hast. Und es liegt eine besondere Power in den Themen, die wir uns erobern mussten, für die wir durchs Unterholz gegangen sind. Die uns nicht in den Schoss gelegt wurden.

Wir haben es nicht so tief verstanden, weil wir sooo begabt damit sind. Wir haben es so tief verstanden, weil wir uns mit Haut und Haar damit auseinandersetzen mussten. Es sind die Themen, denen wir folgen müssen, um den Puls des Lebens wiederzufinden.
 
Die grosse Frage ist: Was glaubst du über dich und deine Geschichte? Wie interpretierst du deine Verluste, deine Wunden, deine Einschränkungen? Solange du deine Erfahrungen negativ bewertest, solange du mit Scham darauf blickst, wirst du deine ganz eigene Power nicht erkennen und nutzen können. 

Klarheit und unsere Power beginnen damit, dass wir uns erlauben, alles von uns mit ins Boot zu nehmen und Ja zu sagen zu uns, zu unseren Wegen, zu unseren Werten, Vorlieben, Grenzen und kreativen Wunden. 

C.G. Jung war es, der den Begriff «Verletzte Heiler» prägte. 

Er fand, dass die meisten seiner Psychologie-Studenten selbst eine eigene emotionale Verletzung erlebt haben. Und dass die eigene Erfahrung wichtig war, um den Patienten helfen zu können. Jung selbst musste sich ziemlich herausarbeiten aus den Moralvorstellungen seines Pastoren-Elternhauses und aus der anfangs gehorsamen lehrer-Schüler Beziehung zu Sigmund Freud. Seine eigenen Selbsttherapien und Forschungen bildeten die Grundlagen seiner therapeutischen Arbeit mit Patienten.  
 
Aber seine wichtigsten Bücher schrieb Jung nach einem Herzinfarkt, der ihn für den Rest seiner Tage gesundheitlich stark einschränkte. Einerseits hat ihn die damit verbundene Nahtod-Erfahrung geprägt: «Nach der Krankheit begann eine fruchtbare Zeit der Arbeit für mich. Viele meiner Hauptwerke sind erst danach entstanden. Die Erkenntnis, oder die Anschauung vom Ende aller Dinge, gaben mir den Mut zu neuen Formulierungen…"
Aber seine Klarheit und Power hatte noch eine weitere Quelle: «Es war aber noch ein anderes, das sich mir aus der Krankheit ergab. Ich könnte es formulieren als ein Jasagen zum Sein. Ein unbedingtes <Ja> zu dem, was ist, ohne subjektive Einwände.»
 
Genau das ist der Zustand, in dem wir klar denken können. Klarheit finden wir dann, wenn wir keine Einwände haben gegen das, was sich zeigen und entfalten will.

Mitternachts-Reisen:
Ist ein Abenteuer für visionäre Coaches, die eigene, neue und ungewöhnliche Wege gehen.
Die sich neu erfinden wollen, aber mit ihren Ideen nicht auf den Punkt kommen.
Die was zu sagen haben, aber die Worte dafür nicht finden.
Die mit mehr Mut und Freiheit in der Welt sichtbar werden wollen.
Und die das Gefühl haben, verrückt zu werden, wenn das, was ihnen wichtig und heilig ist,
nicht in die Welt kommt.  

Ein grosser Teil unserer Arbeit in Mitternachts-Reisen widmet sich der Frage nach deinem grossen Leadership-Thema und der Freiheit, wirklich alles von dir mit ins Boot zu nehmen:
 https://www.katharina-zuleger.com/trainings/quest
 

Eine Übung: 
Wenn du damit ringst, deine Ideen auf den Punkt zu bringen. Den roten Faden hinter all deinen Diplomen zu verstehen. Und dein Leadership Thema in Worte zu bringen…Ist hier eine gute Einstiegs-Übung:

Lass dich laut darüber sprechen, was du in all deinen Ausbildungen gesucht hast? Was hast du gehofft zu finden? Was war der Hunger, der dich angetrieben hat?
Suche dir einen ruhigen, ungestörten Ort. Du kannst die Augen fast schliessen, sodass deine Aufmerksamkeit ganz in und bei dir ist. Lass dich überraschen, welche Bilder und Informationen nach oben kommen. Spreche so langsam, dass du deinen Körper und deine Atmung dabei beobachten kannst. Nimm immer wieder mal einen langsamen Atemzug. Es ist keine Nachdenk-Übung, in der du dich anstrengst, die richtige Lösung zu finden. Es ist mehr ein Download aus deinem inneren Körperwissen.  Gebe dir genügend Zeit dafür, mind. 10 Minuten.  
 

Herzlicher Gruss,

Katharina